Jazz

Die Identität von Quartabê basiert auf der Metapher eines Klassenzimmers: Die Gruppe, bestehend aus Maria Portugal (Schlagzeug), Joana Queiroz (Klarienette), Maria Beraldo (Klarienette) und Chicao (Kexyboard), versteht sich als Schulklasse, die sich ihre Lehrerinnen unter den großen Meisterinnen der brasilianischen Musik selbst aussucht. Ausgehend von der Annahme, dass der Lern- und der kreative Prozess das Experiment und das Spiel gemeinsam haben, zeichnet sich das Quartett durch seine gewagten Versionen in Verbindung mit einer ehrfurchtslosen Performance aus.

Neben seinem Sound, der von den verschiedenen musikalischen Referenzen der Gruppe geprägt ist - von der Avantgarde-Bewegung São Paulos über die freie Improvisation bis hin zu Pop und elektronischer Musik - zeichnet sich Quartabê auch dadurch aus, dass die Gruppe überwiegend aus Frauen besteht, welche nicht nur Instrumentalistinnen, sondern auch Arrangeurinnen, Komponistinnen und Musiker*innen sind, was in Brasilien ungewöhnlich und in einer Musikszene, in der die kreativen und einflussreichen Positionen immer noch unverhältnismäßig stark von Männern besetzt sind, von hoher politischer Relevanz ist.

Die Band begann ihre Studien mit der Aufnahme eines ersten Albums über die Arbeit des Maestro Moacir Santos, “Lição # 1: Moacir” (2015). Nach Auftritten in Brasilien und Europa legte die Gruppe eine Pause ein und nahm anschließend “Depê” (2017) auf, das ebenfalls dem Werk von Santos gewidmet ist. 2018 veröffentlichte Quartabê ihr drittes Album “Lição # 2: Dorival” bei Natura Musical / Label RISCO, auf dem sie sich erneut mit dem Werk von Dorival Caymmi auseinandersetzen.

Mit der neuesten Veröffentlichung “Lição # 2: Dorival” geht das Quartett Quartabê einen anderen Weg als die Neuinterpretationen, die es auf seinen ersten beiden Alben entwickelt hat. Ausgehend von Improvisations-Sessions, die auf harmonischen, melodischen und rhythmischen Fragmenten basieren, die während einer intensiven Studienzeit von Caymmis Werk ausgewählt wurden, erreicht Quartabê ein einzigartiges musikalisches Werk, in dem Themen, Motive, Klangfarben und andere Elemente von Caymmis musikalischem Universum miteinander verwoben sind. Seine Lieder stehen oft nicht im Vordergrund oder erscheinen nicht einmal vollständig: Sie wurden transformiert, erweitert, verdichtet und übereinander geschichtet und bilden so ein verwobenes Netz, bei dem der Zuhörerin nicht klar definieren kann, wo die Handschrift des Autors aufhört und jene des Interpreten beginnt. Indem Quartabê Dorivals Werk in das Universum der Gruppierung einfließen lässt, versuchen die Musikerinnen, dessen rituelle Aura auf seine eigene Weise neu zu erschaffen und es in unbekannte Gewässer zu führen.

Zusammen mit dem Album veröffentlicht das Quartett ein Comicbuch, das ein wenig mehr über den Aufnahmeprozess des neuen Albums erzählt. Die Gestaltung des Comics und des Albumcovers stammt von der Künstlerin Deborah Salles und wurde für einen Latin Grammy nominiert.